Kalorienreiche Kost – magere Politik

Aachen, 25. September 2014

Schwarzwälder KirschtorteDer Anschnitt einer üppigen Torte im weißen Saal bildete den Auftakt zur Präsentation der Ergebnisse monatelanger Koalitionsverhandlungen von CDU und SPD. Sahnig ist die Torte, mager das politische Resultat!

Auf 24 Seiten quält sich der geneigte Leser durch eine ideenleere Wüste. Erklärt wird ‚das große Nichts‘ allein mit der angespannten Haushaltssituation. „Angespannte Finanzen sind keine Entschuldigung für fehlende Ideen“, erklärt der Fraktionsvorsitzende der Linken, Leo Deumens. Er vermisst ein „politisches Profil der GroKo“.

Stattdessen findet sich im Text Selbstverständliches. „Es beruhigt uns ungemein zu erfahren, dass die Stadt unter der GroKo auch weiterhin ihren Schulträgerpflichten umfassend nachkommen wird“, kommentiert der schulpolitische Sprecher der Linken, Georg Biesing, „aber dazu ist die Stadt gesetzlich verpflichtet. Sie hätten auch schreiben können, dass weiterhin an roten Ampeln angehalten werden soll.“ Biesing vermisst stattdessen zentrale schulpolitische Ziele: „Ich hätte gerne gewusst, wie die GroKo längeres gemeinsames Lernen in Aachen organisieren will. Oder will sie das gar nicht?“

Nachdenklich stimmt Die Linke hingegen folgender Satz: „Die Ziele der Sozialplanung müssen mit den Zielen des Haushalts in Einklang stehen“ . Gleichzeitig wird der Konsolidierung des Haushaltes Priorität eingeräumt. „Das Soziale droht zum Nebenthema zu werden, um das man sich kümmert, wenn noch Geld übrig ist“, befürchtet Leo Deumens, der Die Linke auch im Sozialausschuss vertritt. Darauf weise auch der Satz hin, demzufolge das ehrenamtliche Engagement unserer Bürger*innen Priorität haben soll.

An einer Stelle merkt der Leser auf. Zu bewundern ist die erlangte Schwarz-Rote Erkenntnis, dass Wohnen für viele Menschen mehr bedeutet als ein „Dach über dem Kopf“. Erfreut nimmt Die Linke zur Kenntnis, dass ihre Forderung aufgegriffen wurde, den Anteil für den öffentlich geförderten Wohnraum zu erhöhen. „Allerdings ist es schwer vorstellbar, dass Investoren sich bei einer Quote ‚zwischen 20% und 40%‘ freiwillig für das doppelte soziale Engagement entscheiden“, meint Marc Beus, planungspolitischer Sprecher der Fraktion. Er vermisst einen Hinweis, wie die Quoten gehandhabt werden sollen. Außerdem fehle weiterhin eine „wohnungspolitische Strategie“, die diesen Namen verdiene.

Nebulös ist auch bei der Ankündigung des Tages, an dem sich die Wiederbesetzungssperre durch Aufgabenkritik selbst überflüssig machen soll. „Das wir seit Erlass der Wiederbesetzungssperre im Jahr 2010 gebetsmühlenartig wiederholt“, erinnert sich Ellen Begolli, Vertreterin der Linken im Personal- und Verwaltungsausschuss, „offen bleibt, wann sich die Prophezeiung endlich erfüllen wird.“

Positiv nimmt Die Linke zur Kenntnis, dass die GroKo die Verlagerung der Antoniusstraße nicht anstrebt. Das steht jedoch bereits mit dem vom Rat beschlossenen ‚Handlungskonzept‘ seit zwei Jahren fest.

Am Ende dann noch ein „Knüller“: Hier ist schwarz auf weiß zu lesen, was seit Monaten, sogar noch in der letzten Ratssitzung, dementiert wurde. Die Eigenständigkeit des Fachbereichs Wohnen wird aufgehoben. Das Wohnungsamt soll bereits in diesem Jahr mit dem Fachbereich Soziales zusammengeführt werden. Der tiefere Sinn erschließt sich uns ebenso wenig wie die Verlagerung des Fachbereichs Umwelt zum Dezernat Personal und Organisation.

Nach 24 Seiten vorwiegend narkotisierender Lektüre bleiben viele Fragen offen: Wie sieht ein Mobilitätskonzept für die Stadt aus? Wie soll den Bürgern in Zukunft mehr aktive Mitgestaltung ermöglicht werden? Will man das überhaupt? Welche Konzepte hat die GroKo für mehr Grün in der Stadt? Und vieles mehr.

Ungeklärt bleibt auch die Frage, warum die GroKo solange brauchte, um Ihr dünnes Programm zu formulieren? Komplizierte Inhalte oder neue Aspekte, die eine umfangreiche Debatte erfordert hätten, sind nicht zu entdecken. Woran lag es dann? Unsere Vermutung: Sie haben so lange nach dem Tortenrezept gesucht.

 

Das Photo stammt von Manfred Brückels und wurde unter Attribution-Share Alike 3.0 Unported-Lizenz gestellt