Aachener Nachrichten, 1. November 2011: Zwei Fehler der Verwaltung führen in die Irre

Templergraben: Kommunikationsprobleme im Baudezernat. Baumschützer werten die Absage der Fällaktion als „Teilerfolg“. Dialog mit den Fraktionen.

Von Christopher Gerards und Achim Kaiser Aachen.

Die Baumschützer hatten schon rote Friedhofslämpchen aufgestellt, um sich von zwei Platanen zu verabschieden. Diese – so dachten die rund 60 Aktivisten – sollten am Montagmorgen gefällt werden. Doch dann kam alles ganz anders: Die gefährdeten Bäume am Templergraben blieben zumindest gestern unangetastet.

Dies hatte Baudezernentin Gisela Nacken schon am Sonntag auf „Nachrichten“-Anfrage bestätigt, doch viele Baumschützer waren noch auf einem anderen Informationsstand. Unter einem Parkverbotsschild hatten die Baumfreunde am Freitag einen Zettel ausgemacht mit der Aufschrift: „Baumarbeiten, 31.10.11, ab 7.30 Uhr“. Selbst Regina Poth, Abteilungsleiterin Straßenbau im Fachbereich Stadtentwicklung und Verkehrsanlagen, ging am Freitag noch davon aus, dass drei Bäume am Montag gefällt würden.

„Das war auch der ursprüngliche Plan“, erläuterte Rita Klösges vom Presseamt der Stadt Aachen. Da aber zwischenzeitlich bei einer Informationsveranstaltung zu der Baumfällaktion vereinbart worden war, dass sich die Dezernentin und die sogenannten „WoodBürger“ noch mal an einen Tisch setzen, war die Baumfällaktion abgesagt worden – von Gisela Nacken. Und scheinbar ist diese Information nicht bis zur ihrer Untergebenen Regina Poth durchgedrungen. „Da war wohl die interne Kommunikation etwas holprig“, gibt auch Presseamtsmitarbeiterin Klösges zu, die wie die „Nachrichten“ gestern vergeblich versuchte, die in Urlaub weilenden Nacken und Poth ans Telefon zu bekommen. Außerdem sei, so Klösges weiter, auch noch vergessen worden, das Parkverbotsschild mit dem irreführenden Hinweis auf die Baumarbeiten wegzuräumen. Zwei Fehler, die maßgeblich zu der Verwirrung beitrugen.

 

Weil zu so früher Stunde am gestrigen Montag nicht alle Baumaktivisten auf dem neuesten Stand waren, trudelten immer mehr Menschen ein, um gegen die Fäll-Aktion zu protestieren. Im Laufe der Zeit sickerte denn auch dank einiger Telefonate und der „Nachrichten“-Lektüre durch, dass keine Männer mit Kettensägen anrücken würden.

Erleichterung schließlich bei allen Protestlern. Eine Frau hatte sogar noch am Abend vor Ort für die Bäume gebetet und fühlte sich gestern Morgen erhört. Mit großem Applaus wurde schließlich auch Nackens Zitat aus den „Nachrichten“ bedacht: „Am Montag wird definitiv kein Baum gefällt.“

Die Baumschützer zeigten sich darüber auf der einen Seite erleichtert, andererseits blieben viele weiterhin verunsichert: „Das ist ein Teilerfolg für uns. Daran merkt man, dass der Druck stärker wird“, sagte Marika Jungblut, Sprecherin des Baumschutz-Bündnisses.

Grüne Lösung

Auch bei Hubert Heck, ebenfalls Sprecher, war die Erleichterung groß, aber: „Das Damokles-Schwert hängt noch immer über den Bäumen. Eigentlich rechne ich ständig mit dem Schlimmsten nach dem Hickhack im Vorfeld.“

Die Linken werten die abgesagte Fallaktion gestern bereits „als großen Erfolg“. Die zahlreichen Teilnehmer der Kundgebung am frühen Montagmorgen hätten erneut gezeigt: „Die Aachenerinnen und Aachener wollen eine grüne Lösung am Templergraben.“ Die linke Fraktion wolle bei der Suche nach Kompromissen gerne mitwirken. Sie erwarte jedoch „eine feste Zusage der Baudezernentin, dass eine Wiederholung ausgeschlossen ist“.

Aber wie geht es nun tatsächlich weiter? Am 7. November endet nach Informationen der „Nachrichten“ die Ausschreibungsfrist für die Arbeiten am Templergraben. Darunter fallen die Kanal-, Straßen- und auch die Fällarbeiten. Das heißt, dass noch einige Wochen vergehen werden, ehe ein Baum entfernt werden dürfte.

„Am 10. November haben wir einen Termin mit Baudezernentin Gisela Nacken. Dazu würden wir auch gerne RWTH-Rektor Ernst Schmachtenberg einladen.“ Außerdem wollen die „WoodBürger“ mit allen Ratsfraktionen über das Thema sprechen. Eine Alternative zu den jetztigen Planungen haben die Baumfreunde auch in petto: Architekt Bernward Hoditz hat einen Umgestaltungsplan erstellt, der alle 33 gefährdeten Bäume retten könnte.

Motorenlärm

Irgendwann keimte an diesem Montagmorgen übrigens doch Motorenlärm im Hintergrund auf. Für die Baumfreunde war das aber kein Grund zur Sorge: Denn es war nur ein Mann mit einem Laubsauger, der die heruntergefallenen Blätter entsorgte. „Das ist ein Teilerfolg für uns. Daran merkt man, dass der Druck stärker wird.“ Marika Jungblut, Sprecherin des Baumschutz-Bündnisses