SPD und Linke starten eine Offensive für den öffentlich-geförderten Wohnungsbau

Die Einwohnerzahl steigt, die Zahl der Sozialwohnungen sinkt drastisch. Masterplan soll Lösungsvorschläge aufzeigen.

Von Heiner Hautermans Aachen.

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Norbert Plum war sich der Bedeutung des Augenblicks bewusst: „Ich darf Sie zu einer historischen Pressekonferenz begrüßen“, leitete der planungspolitische Sprecher der Sozialdemokraten gestern eine Zusammenkunft ein, in der der erste rot-rote Ratsantrag in Aachen vorgestellt wurde. Er behandelt ein wichtiges Thema der kollektiven Daseinsvorsorge: eine Offensive für öffentlich geförderten Wohnungsbau.

Denn da liegt nach Ansicht von SPD und Linken bereits jetzt einiges im Argen: „Wir haben immer an den gleichen Stellen den Kopf geschüttelt“, bringt Linken-Fraktionsvorsitzender Andreas Müller gewohnt sicher die Überlegungen hinter der für die – in westlichen Gefilden immer noch eher unübliche – Zusammenarbeit auf den Punkt. Hintergrund ist die stark rückläufige Anzahl von öffentlich geförderten Wohnungen in Aachen, die im Übrigen auch sehr ungleichmäßig über das Stadtgebiet verteilt sind. Spannungen nehmen zu

Im Jahr 2007 gab es noch fast 21 700 Sozialwohnungen zwischen Schmithof und Horbach. Bis 2012 fallen 3020 von ihnen aus der Förderungsbindung heraus, bis 2016 werden weitere 1630 aus der Bindung entlassen. Zwar habe man ein Strategiekonzept Wohnen entwickelt und seien die Zahlen bekannt, kritisieren die beiden Parteien, doch konkrete Vorschläge seien nicht gemacht worden.

Denn die Wohnungssuche für kinderreiche Familien, Alleinerziehende, Studierende mit Kindern, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen gestalte sich jetzt schon schwierig, die Spannungen würden in Zukunft sicher noch zunehmen.

Einmal werde die Einwohnerzahl, unter anderem durch die Campus-Projekte, steigen, zum anderen greife die Armut um sich. Ellen Begolli, wohnungspolitische Sprecherin der Linken: „Immer mehr Menschen können von ihrem Gehalt nicht mehr leben.“ Und da reiche es halt nicht, so Planungspolitiker Plum, in den Neubaugebieten – wie fraktionsübergreifend vereinbart – 20 Prozent der Wohneinheiten öffentlich zu fördern, auch an anderen Stellen des Stadtgebiets müsse Wohnraum öffentlich gefördert werden – durchaus auch kleinteilig. Ohnehin verfügten Stadt (14 Prozent) und GeWoGe (17 Prozent) über einen erstaunlich geringen Anteil an der Gesamtzahl der Sozialwohnungen.

Ein guter Platz, ergänzte Manfred Kuckelkorn, der wohnungspolitische Sprecher der SPD, sei das Grundstück des ehemaligen Finanzamts an der Beverstraße an der Nahtstelle zwischen Frankenberger- und Ostviertel: „Es gibt einen Trend, dass die Leute von der Außenstadt in die Innenstadt ziehen wollen.“ Im Übrigen seien in der Blockbebauung zur Goerdelerstraße dort auch Sozialwohnungen errichtet worden, „architektonisch sehr ansprechend“. Geeignet dafür sei sicherlich auch der Bereich Guter Hirte in Süsterfeld.

Das Thema sei angesprochen, es fehle aber an einem belastbaren Plan, sind sich die Kommunalpolitiker einig. Und der soll nun her. Aufgezeigt werden soll darin, wo wie viele Wohnungen im Stadtgebiet aus der Bindung fallen und welche Möglichkeiten sich etwa durch Baulücken in diesem Bereich bieten. Die Daten sollen aus dem Sozialentwicklungsplan 2009 gewonnen werden, einmal im Jahr soll die Verwaltung über Fortschritte berichten.

Keine Berührungsängste

Weil ein solcher Masterplan aber nun mal Geld koste, habe man den Antrag noch rechtzeitig zu den Haushaltsberatungen gestellt. Andreas Müller: „Das ist kein Schauantrag der Opposition. Wir gehen davon aus, dass Schwarz-Grün das macht, wenn sie ihre eigenen Aussagen ernst nehmen.“

Rot-rote Fortsetzung folgt? Einhellige Antwort: „Wir haben keine Berührungsängste.“