Der Zeitplan steht. Schon im Oktober will die Ratsmehrheit aus CDU und Grünen in ihrem „Schulbündnis“ mit der SPD die ersten Entscheidungen fällen. Dann wird klar sein, wo die vierte Gesamtschule entsteht und welche Schulstandorte geschlossen werden. Namen sind hier schon gefallen, zuletzt wurde aber immer wieder von Schwarz-Grün betont, es seien bislang nur Vorschläge gewesen. Und so herrscht an den genannten Schulen große Verunsicherung, der Kampf um den Erhalt ihrer Schulen läuft, das war zuletzt im Schulausschuss zu sehen. Die AZ-Redakteure Matthias Hinrichs und Thorsten Karbach haben nachgehakt und die schulpolitischen Sprecher der Fraktionen um klare Aussagen zu den entscheidenden Punkten der Planung gebeten.

A) Welche Argumente sprechen für den Gesamtschulstandort Kronenberg, welche für die Sandkaulstraße (David-Hansemann-Schule), und welche Variante favorisieren Sie?

B) Welche Lehren ziehen Sie aus dem Protest der Kinder, Eltern und Lehrer der von der Schließung bedrohten Hauptschulen?

C) Ist es zu verantworten, diesen drei Schulen Hoffnung auf Fortbestand zu machen?

Georg Biesing, DIE LINKE

Georg BiesingA) Am Kronenberg wollen Lehrer, Eltern, Schüler Gesamtschule werden, und nicht erst seit der jetzt endlich stattfindenden Diskussion. Der Kronenberg hat ein neues Konzept entwickelt einschließlich der Inklusion und der Kooperation mit einem Gymnasium. Mensa, Turnhalle, Schwimmhalle, Sportplätze sowie Natur sind wesentliche Bausteine. Die Erreichbarkeit aus der Innenstadt wie aus dem Westen ist optimal. Die Innenstadtnähe ist bei der David-Hansemann-Schule von Vorteil. Nachteilig ist die stark befahrene Straße, die das zu erweiternde Schulgelände durchschneidet. Die Linke befürwortet den Kronenberg als vierten Gesamtschulstandort.

B) Das Schulverwaltungsamt veröffentlicht regelmäßig Statistiken und Tendenzen, so dass Elternvertreter und Schulen gut informiert sein können. Zusätzlich sollen jährlich Eltern und Schulen bei einem Runden Tisch von Schulverwaltungsamt, Schulaufsicht und Schulpolitikern gehört werden.

C) Nein, nicht als Hauptschulen. Eltern und Kinder wollen längeres gemeinsames Lernen, wobei gymnasiale Anteile in den Lerninhalten und möglichst lange Offenhaltung eines höherwertigen Schulabschlusses bedeutsam sind.

Die Meinung der schulpolitischen Sprecher der anderen Fraktionen =>

 

Christian Steins CDU

A) Die Option David-Hansemann-Schule ist aus unserer Sicht in der Tat die sicherere Variante, weil wir wissen, dass die erforderlichen Mindestanmeldungen dort am ehesten zustande kommen. Wenn nicht genügend Anmeldungen erfolgen würden, wäre das natürlich fatal fürs Projekt vierte Gesamtschule.

B) Der knappe Zeitplan bei der Entscheidungsfindung hat dazu geführt, dass wir den offenen Dialog mit den betroffenen Schulen nicht in dem Maße im Vorfeld führen konnten, wie das nötig gewesen wäre. Natürlich ist dieser Dialog ganz wichtig. Wir werden daher die Zeitpläne künftig so optimieren müssen, dass wichtige Weichenstellungen nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg kommuniziert werden.

C) Wir können derzeit schlicht nicht sagen: Alle drei Schulen sind definitiv betroffen. Nach dem Rasenmäherprinzip würden wir das Problem jetzt nicht lösen. Wir müssen weiter beobachten, wie sich die drei Einrichtungen in absehbarer Zeit entwickeln.

Mathias Dopatka SPD

A) Ein Vorteil der Sandkaulstraße ist die optimale Anbindung an alle ÖPNV-Linien. Zusätzlich ist es ein starkes Signal Richtung längerem gemeinsamen Lernen, wenn eine Realschule aktiv die eigene Umwandlung in eine Gesamtschule vorschlägt. Der Kronenberg hingegen ist wichtig für die Nahversorgung des Stadtteils und kann ein engagiertes Kollegium vorweisen, welches mit der Sekundarschule schon einen guten Weg gegangen ist. Wir haben zwei gute Standorte, doch für den ersten Schritt scheint die Sandkaulstraße mehr Entwicklungspotenzial aufzuweisen.

B) Die Proteste sind völlig verständlich. Es spricht für das Schulklima, dass die Eltern und Schüler sich so engagiert einbringen. Das Problem sind nicht die Lehrer, Eltern oder Schüler, sondern die fehlenden Anmeldungen.

C) Nein. Die Gesetzeslage ist leider eindeutig. Jede Schule muss verbindlich zwei Eingangsklassen mit mindestens 18 Schülern vorweisen. Keine der drei Schulen kann diesen Wert erreichen. Nur noch 7,3 Prozent der Eltern melden ihre Kinder an einer der sechs Hauptschulen an. Das dreigliedrige System ist im Ungleichgewicht, und wir müssen hier reagieren.

Ulla Griepentrog Grüne

A) Die Standortfrage ist keine Frage nach meinem persönlichen Favoriten, sondern bedarf der sorgfältigen Abwägung der räumlichen Situation, der Attraktivität und der Chancen. Wenn die Fakten bis dahin auf dem Tisch liegen, wird der Schulausschuss am 28. Oktober einen Empfehlungsbeschluss fassen.

B) Die Proteste waren engagiert und gut zu verstehen. An den Hauptschulen in Aachen wird beeindruckende Arbeit geleistet. Wir haben deshalb den Diskussionsprozess so offen wie möglich geführt (Gespräche mit Eltern, Schulleitungen, runde Tische zur Schulentwicklung), damit Entscheidungen für alle transparent und nachvollziehbar sind.

C) Nein. Genauso unverantwortlich ist es, jahrelang zu diskutieren und Eltern und Schulen im Unklaren zu lassen, was mit den Schulen passiert. Seit mehreren Jahren entscheiden sich die Eltern gegen die Anmeldung an einer Hauptschule, und damit steht im ganzen Land das Fortbestehen der Hauptschulen in Frage. Die Politik in Aachen hat in diesem Jahr auf eine zügige Entscheidung über den Fortbestand der Schulen hingearbeitet. Für die Nachfrage brauchen wir keine sechs Hauptschulen in der Stadt.

Gretel Opitz FDP

A) Die Einrichtung einer vierten Gesamtschule ist nur auf Kosten der Schließung mehrerer wichtiger Schulen in Aachen möglich. Dieses lehnt die FDP ab. Es stellt sich uns daher nicht die Frage.

B) Die Arbeit, die Lehrer, Eltern und Schüler für zukunftsweisende Programme ihrer Schulen investiert haben – im Auftrag der Politik – kann und darf nicht für den Papierkorb gewesen sein. Die FDP hofft, dass diese Proteste nicht ohne Wirkung bleiben.

C) Alle drei Schulen haben wichtige Alleinstellungsmerkmale, die für die schulische Entwicklung ihrer Schüler ohne Alternative in Aachen sind. Diese können in einem Gesamtschulsystem nicht weitergeführt werden. Daher muss den Schulen mehr Zeit gegeben werden, um zu zeigen, ob ihre Projekte erfolgreich umgesetzt werden können.