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Haushaltsrede 2017

Leo Deumens

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

Zunächst einmal möchte ich mich im Namen unserer Fraktion ganz herzlich bei Ihnen, Frau Grehling, und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Arbeit hinsichtlich der Erstellung des Haushaltsplans 2017 bedanken, was bei einem Defizit von mehr als 33 Mio. Euro sicherlich keine einfache Aufgabe war.

Angesichts einer so schwierigen Haushaltssituation ist in der Politik sehr oft zu hören, dass wir sparen müssen. Aber genau das ist nicht möglich, wie der CSU- Politiker Eberhard Sinner sehr trefflich formuliert hat: „Sparen heißt normalerweise, dass Sie Geld, das Sie haben, nicht ausgeben. Wenn wir im Haushalt über Sparen reden, heißt das, wir geben Geld, das wir nicht haben, nicht aus“. Wir müssen also vielmehr von Kürzungen und Verlagerungen bei den Ausgaben sprechen, die aber auch nicht nötig wären, wenn der Bund die Kommunen finanziell endlich so ausstatten würde, dass die Städte und Gemeinden ihre Aufgaben im Sinne der BürgerInnen erfüllen könnten. Da dies aber nicht der Fall ist, stellt sich die Frage, bei welchen Ausgaben die Politik Kürzungen vornimmt. Hier vertritt DIE LINKE eine klare Position: Wenn das Geld knapp ist, müssen es die Menschen bekommen, die es am dringendsten benötigen, weil sie sozial benachteiligt sind.

Und so ist es nur folgerichtig, dass unsere Fraktion dem Projekt Wissenschaftsstadt der Großen Koalition das Projekt Soziale Stadt gegenüber stellt. Und das ist leider bitter nötig. Auch in Aachen nimmt die Armut zu. Nahezu jeder fünfte Einwohner ist davon betroffen und fast jedes vierte Kind wächst in armen Verhältnissen auf. Im November 2016 bezogen 4.138 Personen Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Zu berücksichtigen ist hier auch, dass die Dunkelziffer derjenigen, die unterhalb der Armutsgrenze leben und keine Anträge auf Transferleistungen stellen, sehr hoch ist. Hinzu kommt, dass die Altersarmut in den kommenden Jahren drastisch ansteigen wird.

Auch wenn diese Entwicklung vor allem bundespolitische Ursachen hat, müssen wir kommunalpolitisch alles tun, um die Folgen von Armut zu verringern und abzumildern. Da reichen die Maßnahmen, die aus dem Sozialentwicklungsplan erwachsen sind, nicht aus. Quartiersmanagement, Stadtteilbüros und Stadtteilkonferenzen als Bestandteile der sozialräumlichen Orientierung sind gut und richtig, aber es braucht mehr, um den von Armut betroffenen Menschen zu helfen. In einem Antragspaket mit dem Titel „\emph{Der Armut Grenzen setzen“ fordert unsere Fraktion u. a. die Einrichtung eines Runden Tisches, bestehend aus Politik, Verwaltung und Wohlfahrtsverbänden, der das Ziel hat, Konzepte und Strategien zu erarbeiten, die allen Menschen in unserer Stadt eine gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe ermöglichen.

In diesem Zusammenhang sind auch der Ausbau und die Weiterentwicklung der Schulsozialarbeit zu nennen. Diese hilft den Schüler*innen nicht nur, Krisen zu bewältigen, sondern sie wirkt auch schulbegleitend und kann so gerade auch sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche zu einem erfolgreichen Bildungsabschluss führen. DIE LINKE hat darum, zusammen mit den GRÜNEN, den Antrag gestellt, für die Schulsozialarbeit jährlich 500.000 € mehr in den Haushalt einzustellen. Allen Schulen, die einen entsprechenden Bedarf anmelden, sollte mindestens eine halbe Stelle zur Verfügung gestellt werden. Gleichzeitig sollte die Verwaltung beauftragt werden, die Kostenübernahme durch Land und Bund einzufordern. Leider wurde dieser Antrag von der Großen Koalition mit Hinweis auf die angespannte Haushaltssituation abgelehnt.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir an dieser Stelle eine Zwischenbemerkung. Es ist in Ordnung, in der politischen Debatte auf eine schwierige Haushaltssituation hinzuweisen, aber es ist nicht in Ordnung, mit einem solchen Hinweis jede Diskussion über politische Forderungen und Ziele im Keim zu ersticken.

Im Sinne von mehr Chancengleichheit in der schulischen Bildung sollten wir im Übrigen unverzüglich mit der Planung einer weiteren Gesamtschule in Aachen beginnen.

Auch die Träger der freien Wohlfahrtspflege spielen für die soziale Arbeit in Aachen eine wichtige Rolle. Die beantragten Zuschusserhöhungen aufgrund gestiegener Personal- und Sachkosten sind gerechtfertigt, wurden aber von der Großen Koalition nur zum Teil bewilligt, was de facto eine Kürzung darstellt und nicht zu akzeptieren ist. Und nebenbei bemerkt: Würde man auf den unsinnigen Beitritt zur Metropolregion Rheinland verzichten, hätte man mit dem in den Haushalt eingestellten Mitgliedsbeitrag von 22.000 € zum Beispiel den von den Wohlfahrtverbänden gewünschten und notwendigen Erhöhungen im Sozialausschuss nachkommen können.

Ebenfalls nicht zu akzeptieren ist die Tatsache, dass es zu Stromsperren kommt, weil Menschen ihre Rechnungen nicht bezahlen können. Hiervon sind in Aachen bei den Kunden der STAWAG seit Jahren relativ konstant ca. 1.480 Privathaushalte betroffen, die durch die vorhandenen Maßnahmen, die wir unterstützen, nicht erreicht werden. Aus diesem Grund hat unsere Fraktion die Einrichtung eines Härtefallfonds beantragt, der genau diesem Personenkreis helfen sollte. CDU und SPD haben diesen Antrag gleich im Rat abgebügelt und verhindert, dass er im zuständigen Sozialausschuss ausführlich mit den entsprechenden Fachleuten beraten wird. Für die Große Koalition sind das Thema und die betroffenen Menschen damit erledigt – für DIE LINKE noch lange nicht!

An dieser Stelle möchte ich aber auch einmal ein Lob aussprechen. Es ist gut und notwendig, dass zusätzliche Stellen in verschiedenen Fachbereichen eingerichtet werden. Unsere Fraktion versteht jedoch nicht, warum man bei dieser Gelegenheit nicht auch die Wiederbesetzungssperre in der Verwaltung abgeschafft hat. Viele MitarbeiterInnen haben ihre Belastungsgrenze nicht nur erreicht, sondern überschritten. Hinzu kommt, dass die Aufgaben vielfach wegen fehlendem Personal extern ausgeschrieben werden müssen, was oft deutlich teurer ist als eine interne Bearbeitung.

Wenn es um das Thema Stadtentwicklung und -planung geht, stellt sich DIE LINKE immer die Frage, in welcher Stadt wir leben wollen. Dabei haben wir die Bedürfnisse der Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt im Blick und nicht die profitorientierten Wünsche der Investoren. Darum werden wir die Entwicklung des Altstadtquartiers Büchel auch weiterhin aufmerksam und kritisch begleiten, damit hier ein Viertel mit hoher Wohn- und Aufenthaltsqualität und mit vielen Grünflächen entsteht. Vor dem Hintergrund einiger irritierender Aussagen in den vergangenen Wochen möchte ich für unsere Fraktion eines in aller Klarheit sagen: DIE LINKE steht zu den mehrheitlich beschlossenen städtebaulichen Zielen, die im Falle des Nikolausviertels ausdrücklich Bordellbetriebe in der Antoniusstrasse vorsehen. Das ist, die FDP ausgenommen, Konsens.

Die Schaffung von mehr preiswertem Wohnraum ist eine der dringendsten Aufgaben für die Kommunalpolitik in Aachen. Es muß alles dafür getan werden, dass Menschen mit wenig Geld auch in Zukunft in der Innenstadt wohnen und leben können. Die Bemühungen von CDU und SPD reichen hier bei weitem nicht aus. Warum entscheiden wir uns nicht, je nach Wohnlage, für bis zu 50 Prozent öffentlich geförderten Wohnraum, und wann erlassen wir endlich eine Zweckentfremdungsverordnung?

Meine Damen und Herren,seit Jahren wird in Aachen über die Luftreinhaltung diskutiert. Trotz unterschiedlicher Maßnahmen liegen die Stickstoffdioxidwerte weiterhin deutlich über dem Grenzwert, und auch wenn die Feinstaubwerte zurückgegangen sind, bleiben sie für die EinwohnerInnen gefährlich. Für DIE LINKE hat die Gesundheit der Menschen oberste Priorität. Während die Große Koalition noch immer dem Auto huldigt, wollen wir den motorisierten Individualverkehr zurückdrängen und uns stattdessen für ein besseres Radwegenetz und einen attraktiveren ÖPNV stark machen. Dazu gehört aber auch, dass Bezieher*innen von Transferleistungen mobil bleiben. Die Preiserhöhung beim Mobil-Ticket auf nunmehr 32 € ist da sicherlich der falsche Weg.

Ein falscher Weg im Sinne von mehr Bürgerbeteiligung war auch die Einrichtung des Bürgerforums im Jahr 2009. Es hat die Erwartungen nicht erfüllt und wurde, von wenigen Themen abgesehen, von den BürgerInnen nicht wirklich angenommen. Die Wiedereinführung der Fragestunden in den Fachausschüssen, die DIE LINKE wiederholt gefordert hat, ist eine Möglichkeit, die EinwohnerInnen wieder stärker in die politischen Beratungen einzubinden.

Wenn wir von einer sozialen Stadt sprechen, ist damit nicht nur die gesellschaftliche, sondern auch die kulturelle Teilhabe für alle Menschen gemeint. Aus diesem Grund werden wir uns auch in Zukunft für einen regelmäßigen kostenlosen Eintritt in die Aachener Museen einsetzen. Auch die Mittel für die freie Kultur können nicht davon abhängen, ob der Kulturbetrieb Überschüsse erwirtschaftet. Schließlich fordert unsere Fraktion eine Erhöhung des Medienetats der Stadtbibliothek, der seit nunmehr zehn Jahren nicht mehr angehoben worden ist.

Meine Damen und Herren! Der vorliegende Haushaltsplan setzt die falschen Schwerpunkte und zeigt wenig gestalterischen Willen. Darum wird DIE LINKE ihn ablehnen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat einmal gesagt:“ Eine große Koalition produziert immer auch Müdigkeit“. Dies gilt auch für das Bündnis von CDU und SPD in Aachen. Anstatt bei den Haushaltsberatungen auch das Gespräch mit der Opposition zu suchen, um angesichts der schwierigen finanziellen Situation in dem ein oder anderen Punkt auch zu gemeinsamen Lösungen zu kommen, zieht die Große Koalition, salopp formuliert, ihr Ding durch. Von wirklichen Haushaltsberatungen kann hier nicht mehr die Rede sein. Der politischen Kultur im Rat steht das nicht gut zu Gesicht.

Erlauben Sie mir zum Schluß noch zwei Anmerkungen. Die Welt ist in den vergangenen Jahren im wahrsten Sinne des Wortes in Bewegung geraten. Die vor Krieg, Hunger und Not geflüchteten Menschen sind auch zu uns nach Aachen gekommen. Der Verwaltung aber auch den vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern möchten wir für ihren Einsatz bei der Aufnahme und Integration der oft traumatisierten Personen danken. Die Welt ist aber auch aus den Fugen geraten, weil die Ungleichheit zugenommen hat und die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander geht. Durch diese Entwicklung droht der gesellschaftliche Zusammenhalt, auch bei uns, verloren zu gehen. Dies wird auch Auswirkungen auf kommunaler Ebene haben. Darum ist es unsere Aufgabe, hier in Aachen mit unseren Möglichkeiten immer wieder gegen Ungleichheit und für soziale Gerechtigkeit einzutreten.

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